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Cyberangriffe auf Airlines – außergewöhnlicher Umstand oder Anspruch auf Entschädigung?

Aktueller Beitrag im Reiserecht

Immer häufiger geraten Fluggesellschaften und Flughäfen ins Visier von Hackern. Die Folgen sind gravierend: gestörte IT-Systeme, blockierte Buchungsplattformen oder ausgefallene Check-in-Schalter. Für viele Passagiere stellt sich dann die entscheidende Frage: Besteht in solchen Fällen ein Anspruch auf Entschädigung oder liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, der die Airline von der Haftung befreit?

Cyberattacken sind nicht automatisch außergewöhnliche Umstände

Auch wenn ein Hackerangriff zunächst wie ein unvorhersehbares, von außen verursachtes Ereignis wirkt, gilt er nicht automatisch als außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 der EU-Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004.

Der Hintergrund:
Fluggesellschaften müssen mit dem Risiko von IT-Ausfällen rechnen und sind verpflichtet, ausreichende Sicherheitsmaßnahmen und Notfallkonzepte vorzuhalten. Bleiben diese aus oder sind sie unzureichend, fällt der Vorfall in den Verantwortungsbereich der Airline. In einem solchen Fall kann den betroffenen Reisenden eine Ausgleichszahlung nach Artikel 7 der Verordnung zustehen.

Zumutbare Ersatzmaßnahmen – analoger Betrieb oft möglich

Selbst wenn die IT-Systeme versagen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass der Flugbetrieb eingestellt werden muss. Viele Prozesse lassen sich auch analog fortsetzen, etwa durch:

  • manuelle Passagierlisten,

  • handschriftliches Boarding oder

  • das Ausstellen von Bordkarten über alternative Systeme.

Verzichtet eine Fluggesellschaft auf solche Maßnahmen und kommt es deshalb zu Verspätungen oder Flugausfällen, kann sie sich nicht auf höhere Gewalt berufen. In diesem Fall haftet sie, weil zumutbare Alternativen nicht genutzt wurden.

Rechte der Passagiere bei Cyberangriffen

Auch im Falle eines Hackerangriffs behalten Reisende ihre Fluggastrechte nach der EU-Verordnung:

1. Ausgleichszahlung (Artikel 7)

Liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor oder hat die Airline nicht angemessen reagiert, steht den Passagieren eine pauschale Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro zu – abhängig von der Flugstrecke.

2. Umbuchung oder Rückerstattung (Artikel 8)

Betroffene Fluggäste können wählen, ob sie

  • den nächstmöglichen Flug nutzen,

  • sich auf einen späteren Termin umbuchen lassen oder

  • den Flugpreis vollständig erstattet bekommen möchten.

3. Betreuungsleistungen (Artikel 9)

Bei längeren Wartezeiten oder Übernachtungen ist die Airline verpflichtet, Mahlzeiten, Getränke, Hotelunterkunft und Transport bereitzustellen.

Fazit

Da Fluggesellschaften mit IT-Ausfällen rechnen und Notfallpläne vorhalten müssen, gilt eine Cyberattacke nicht automatisch als außergewöhnlicher Umstand.

Unterlässt es die Airline, geeignete Maßnahmen zu ergreifen oder den Flugbetrieb durch analoge Prozesse aufrechtzuerhalten, bestehen Ansprüche auf Entschädigung und Betreuung.

Kurz gesagt: Auch bei Hackerangriffen bleiben die Fluggastrechte bestehen – pauschale Hinweise auf „höhere Gewalt“ sind kein Freibrief für die Airlines.

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