Ein Flugzeug wird von einem Blitz getroffen, wodurch sich der
Weiterflug erheblich verzögert. Haben die betroffenen Passagiere dann einen Anspruch auf Entschädigung? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: In solchen Fällen besteht kein Anspruch auf Entschädigung – der Blitzeinschlag gilt als außergewöhnlicher Umstand.
Der konkrete Fall: Wetterbedingter Zwischenfall mit Konsequenzen
Ein Reisender plante eine Flugverbindung von Rumänien über Wien nach London. Kurz vor der Landung in Wien geriet das Flugzeug der Austrian Airlines jedoch in ein Gewitter und wurde vom Blitz getroffen.
Für die Passagiere bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr. Moderne Verkehrsflugzeuge sind technisch darauf ausgelegt, elektrische Entladungen problemlos zu verkraften. Nach einem Blitzeinschlag schreibt das Luftfahrtrecht jedoch zwingend eine umfassende Sicherheitsüberprüfung vor, um mögliche Beeinträchtigungen der Technik auszuschließen.
Diese vorgeschriebene Kontrolle hatte spürbare Folgen: Der Aufenthalt am Flughafen verlängerte sich erheblich, der Anschlussflug wurde verpasst und das Endziel konnte erst am darauffolgenden Morgen erreicht werden.
So kam es zum Zwischenfall: Blitzeinschlag mit Auswirkungen
Ein Reisender war auf dem Weg von Rumänien über Wien nach London, als sein Flug unerwartet von einem Gewitter ausgebremst wurde. Kurz vor der Landung in Wien schlug ein Blitz in das Flugzeug der Austrian Airlines ein.
Für die Passagiere bestand keine Gefahr: Verkehrsflugzeuge sind technisch so ausgelegt, dass sie auch starke elektrische Entladungen sicher verkraften. Nach einem solchen Ereignis schreibt der Gesetzgeber jedoch zwingend eine umfassende technische Kontrolle vor, um mögliche Schäden zuverlässig auszuschließen.
Diese vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfung führte zu erheblichen Verzögerungen. Der betroffene Passagier verpasste seinen Anschlussflug und erreichte sein eigentliches Reiseziel erst am folgenden Morgen.
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Der Streit um die Ausgleichszahlung
Nach der Ankunft forderte der betroffene Fluggast – vertreten durch einen Legal-Tech-Anbieter – eine Entschädigung in Höhe von 400 Euro auf Grundlage der Fluggastrechte-Verordnung (EG Nr. 261/2004).
Zur Begründung führte er an, dass der Anschlussflug verpasst wurde und sich die Ankunft am Endziel um mehrere Stunden verzögerte – ein Sachverhalt, der grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung auslöst.
Austrian Airlines lehnte die Zahlung jedoch ab und berief sich auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands. Der Rechtsstreit wurde daraufhin dem Bezirksgericht Schwechat vorgelegt, das den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine verbindliche Auslegung bat.
Die EuGH-Entscheidung: Blitzeinschlag als außergewöhnlicher Umstand
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 16.10.2025 (Az. C-399/24) eindeutig entschieden: Ein Blitzeinschlag ist als außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechte-Verordnung einzustufen.
Zur Begründung führte der EuGH aus:
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Ein Blitzeinschlag gehört nicht zum typischen Ablauf des Flugbetriebs und entzieht sich dem Einflussbereich der Fluggesellschaft.
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Nach einem solchen Ereignis sind umfassende technische Sicherheitskontrollen zwingend vorgeschrieben und dienen unmittelbar dem Schutz der Passagiere.
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Würden Airlines trotz dieser Umstände zu Ausgleichszahlungen verpflichtet, bestünde die Gefahr, dass notwendige Sicherheitsprüfungen zugunsten der Einhaltung von Flugplänen verkürzt oder unterlassen würden – ein rechtlich wie auch ethisch nicht hinnehmbares Ergebnis.
Mit dieser Entscheidung stellt der EuGH klar: Die Sicherheit der Fluggäste genießt Vorrang vor Entschädigungsansprüchen.
Wann die Ausgleichszahlung dennoch entfällt
Nicht jeder außergewöhnliche Umstand führt automatisch dazu, dass eine Fluggesellschaft von ihrer Entschädigungspflicht befreit ist. Der Europäische Gerichtshof hat ausdrücklich klargestellt, dass Airlines verpflichtet bleiben, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen eines solchen Ereignisses möglichst gering zu halten.
Konkret bedeutet das:
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Die Fluggesellschaft muss prüfen, ob Ersatzflugzeuge, Umbuchungen oder alternative Flugrouten zur Verfügung stehen.
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Verzögerungen dürfen sich nur auf den Zeitraum beschränken, der für die vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen tatsächlich erforderlich ist.
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Gelingt es der Airline nicht nachzuweisen, dass sie sämtliche zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, bleibt ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen.
Im entschiedenen Fall obliegt es nun dem Bezirksgericht Schwechat zu klären, ob Austrian Airlines diesen Anforderungen gerecht geworden ist und alle erforderlichen Schritte unternommen hat.
Was das Urteil für Fluggäste bedeutet
Die Entscheidung des EuGH macht deutlich: Eine Flugverspätung führt nicht automatisch zu einem Anspruch auf Entschädigung.
Insbesondere bei wetterbedingten Einwirkungen wie Blitzeinschlägen, starkem Wind oder Hagel gilt:
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Solche Ereignisse entziehen sich dem Einflussbereich der Fluggesellschaft.
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Sicherheitsrelevante Maßnahmen dürfen zu Verzögerungen führen, ohne dass Ausgleichszahlungen geschuldet sind.
Für Reisende heißt das konkret: Ein Entschädigungsanspruch kommt nur dann in Betracht, wenn die Airline auf vermeidbare Störungen nicht oder nicht ausreichend reagiert hat und zumutbare Maßnahmen zur Schadensbegrenzung unterlassen wurden.
Fazit: Sicherheit geht vor – auch vor Entschädigungsansprüchen
Mit dieser Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof eine eindeutige Leitlinie vorgegeben: Ein Blitzeinschlag stellt ein außergewöhnliches Naturereignis dar und fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft.
Zwingend vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfungen dürfen weder verkürzt noch aus Gründen der Pünktlichkeit unterlassen werden. Der Schutz der Passagiere hat Vorrang – selbst wenn dadurch erhebliche Verzögerungen entstehen.
Für Fluggäste bedeutet dies: Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht nur dann, wenn die Airline nachweislich nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung zu vermeiden oder deren Auswirkungen zu begrenzen.
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