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Rechte bei Gepäckverspätung gestärkt – EuGH folgt unserer Linie

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Rechte bei Gepäckverspätung gestärkt – EuGH folgt unserer Linie

Am 5. Juni 2025 hat der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung in der Rechtssache C‑292/24 – Iberia veröffentlicht. Die Entscheidung erging im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens zu Fragen des Montrealer Übereinkommens – ausgelöst durch ein von mir geführtes Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main.

Ein besonderer Moment anwaltlicher Tätigkeit.

Ich durfte meinen Mandanten in diesem Verfahren als Verfahrensbevollmächtigter vertreten. Im Zentrum stand die Frage, ob ein Fluggast bei verspäteter Gepäckauslieferung Anspruch auf Ersatz der Kosten für notwendige Anschaffungen hat, wenn das Luftfahrtunternehmen über mehrere Tage hinweg keinerlei Auskunft über den Verbleib des Gepäcks erteilt.
Mein Mandant hatte zu Beginn einer mehrwöchigen Südamerika-Rundreise sein Gepäck nicht erhalten. Trotz mehrfacher Kontaktaufnahme erfolgte keinerlei Reaktion der Fluggesellschaft. Nach mehreren Tagen des ergebnislosen Abwartens sah er sich gezwungen, notwendige Ersatzkäufe zu tätigen, um die Reise überhaupt antreten zu können.

Die Entscheidung des EuGH

Der Gerichtshof beantwortet die Vorlagefrage wie folgt:
Art. 31 Abs. 2 Satz 2 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen, von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichneten und mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 in ihrem Namen genehmigten Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr
ist dahin auszulegen, dass eine Anzeige wegen Verspätung bei der Beförderung von Reisegepäck bereits vor dem Zeitpunkt erfolgen kann, zu dem das betreffende Reisegepäck seinem Empfänger zur Verfügung gestellt wird.
Diese Auslegung stärkt die Position von Fluggästen deutlich – insbesondere in Fällen, in denen Gepäck verspätet oder gar nicht ausgeliefert wird und das Luftfahrtunternehmen auf Nachfragen nicht reagiert.

Bedeutung der Entscheidung für die Praxis

Besonders bedeutsam ist aus meiner Sicht die durch den EuGH bestätigte Auslegung des Begriffs der Schadensanzeige im Sinne von Art. 31 MÜ. Der Gerichtshof stellt klar: Eine Schadensanzeige muss nicht zwingend eine vollständige Darstellung oder eine Bezifferung des Schadens enthalten. Entscheidend ist allein, dass der Fluggast den Verlust oder die Beschädigung des Gepäcks innerhalb der vorgesehenen Frist gegenüber dem Luftfrachtführer anzeigt.
Aus der Entscheidung lässt sich meines Erachtens ableiten, dass bereits die form- und fristgerechte Abgabe eines PIR (Property Irregularity Report) – also die Verlustmeldung am Flughafen – grundsätzlich als ausreichende Schadensanzeige gelten kann.
Die bislang vielfach vertretene Auffassung, dass bereits innerhalb der Frist eine Bezifferung des Schadens in Euro erfolgen müsse, erscheint vor diesem Hintergrund nicht mehr haltbar.
Diese rechtliche Einschätzung wird zudem systematisch gestützt: Art. 19 Abs. 2 MÜ bietet dem Luftfrachtführer bereits eine Entlastungsmöglichkeit, wenn er alle zumutbaren Maßnahmen zur Schadensvermeidung getroffen hat. Zusätzliche formale Hürden für den Anspruchsteller sind daher aus meiner Sicht nicht erforderlich.

Offene Fragen bleiben

Trotz der Klarheit in der Kernaussage hat der EuGH – trotz ausdrücklicher Hinweise in meinen Schriftsätzen – keine eindeutige Aussage dazu getroffen, ob der PIR in jedem Fall als Schadensanzeige im Sinne des Montrealer Übereinkommens anzusehen ist.
Diese Frage wird die Praxis weiterhin beschäftigen – und im Zweifel erneut dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen sein.

Fazit

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C‑292/24 – Iberia stärkt die Rechte von Fluggästen bei Gepäckverspätung maßgeblich. Sie bringt mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Anzeige- und Fristfragen nach dem Montrealer Übereinkommen – und bestätigt zugleich, dass konsequente rechtliche Vertretung auch auf europäischer Ebene Wirkung entfalten kann.

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